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Sepehr Sardar Amiri, CDU-Ratsherr und Vorsitzender des Schulausschusses, gibt sich kämpferisch: „Wir wollen uns jetzt noch weitere Stunden zurückholen.“
Sepehr Sardar Amiri, CDU-Ratsherr und Vorsitzender des Schulausschusses, gibt sich kämpferisch: „Wir wollen uns jetzt noch weitere Stunden zurückholen.“ Quelle: Oliver Kühn

Das ist ein Paukenschlag mitten in den Sommerferien: Die Landesschulbehörde hat drei Abordnungen von Lehrern der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Sehnde mit insgesamt 18 Wochenstunden zurückgenommen. Dadurch können nun wieder neun von 17 Lehrer-AGs stattfinden. Noch in der vergangenen Woche waren alle von der Schulleitung gestrichen worden.

Die CDU-Ratsfraktion spricht dennoch nur von einem „Tropfen auf den heißen Stein“: „Das sind 18 von 56 abgeordneten Stunden, das ist nur ein wenig Entspannung, aber die Flickschusterei beim Bildungssystem bleibt“, sagt Sepehr Sardar Amiri, Ratsherr und Vorsitzender des Schulausschusses.

Nach Informationen dieser Zeitung hat die Schulleitung am Mittwoch mit einer E-Mail die Stadt, den Elternrat, die Schülervertretung, den Schulvorstand, den Personalrat, den Schulausschussvorsitzenden und die SPD-Landtagsabgeordnete Silke Lesemann über die neue Entwicklung informiert. Deshalb könnten im nächsten Schuljahr wieder die Arbeitsgemeinschaften Chor, Schülerband, Tonstudio, Jahrbuch, Zweigwechselcoaching, Theater, Zirkus, Solarmobil und Auschwitz angeboten werden.

 

Steht weiter auf der Streichliste
Steht weiter auf der Streichliste: Die Faustball-AG gibt es im nächsten Schuljahr nicht mehr. Quelle: Privat

Stunden kommen von Oberschule Hämelerwald zurück

Dass der öffentliche Druck von Eltern, Schülervertretung und Politik dazu geführt hat, verneint Bianca Schöneich, Pressesprecherin der Landesschulbehörde. „Es ist jetzt ein Lehrer außerhalb der Region Hannover auf eigenen Wunsch an die Oberschule Hämelerwald in Lehrte versetzt worden“, erläutert sie. Es handele sich um keine Neueinstellung. So könne die KGS 18 Stunden zurückerhalten. Eine so kurzfristige Entwicklung sei jedoch nicht ungewöhnlich, da man sich derzeit mitten im Einstellungsverfahren für Lehrer befinde. „Da ändert sich täglich etwas“, meint Schöneich. Die KGS Sehnde ist mit rund 1800 Schülern eine der größten weiterführenden Schulen Niedersachsens.

Die Ereignisse haben sich am Mittwoch gleichsam überstürzt. Der Schulausschussvorsitzende Amiri hatte einen Brief an Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) aufgesetzt, in dem er die ursprüngliche Situation mit 106 abgeordneten Stunden als „Katastrophe“ bezeichnet. Das sei für die Schule, den Fachausschuss und die Stadt nicht hinnehmbar. Für die Stadt als Schulträger wäre dies ein Gesichtsverlust gewesen, der womöglich viele Eltern veranlasst hätte, ihre Kinder auf Schulen in Lehrte, Hannover oder Hildesheim zu schicken.

 

Mit diesem Flyer hatten Elternrat und Schülervertretung gegen die ihrer Meinung nach „katastrophale Entwicklung“ protestiert
Mit diesem Flyer hatten Elternrat und Schülervertretung gegen die ihrer Meinung nach „katastrophale Entwicklung“ protestiert. Quelle: Privat

 

Zudem würden acht der ursprünglich 17 gestrichenen Arbeitsgemeinschaften dennoch nicht stattfinden. Diese Schüler würden zu Schlüsselkindern, zudem falle für deren Eltern die Betreuung ihrer Kinder am Nachmittag weg – was gegen das Versprechen von Vereinbarkeit von Familie und Beruf verstoße. „Das betrifft ganz besonders schwache Familien, die sich keine Vereinsmitgliedschaft oder eine Musikschule leisten können.“ Er habe viele E-Mails von bestürzten Eltern erhalten. „Damit stirbt alles, was die KGS besonders gemacht hat“, schrieb etwa eine empörte Mutter.

Schüler sammeln 500 Unterschriften

Unter den Sehnder Schülern war die Ankündigung über den Wegfall aller Lehrer-AGs kurz vor den Sommerferien Anlass für Enttäuschung, Wut und Frustration. Nach Angaben von Massi Husen, einer der beiden Schülersprecher, hatten Fünftklässer aus Protest spontan eine Petition gegen die Entscheidung gestartet und binnen Kurzem fast 500 Unterschriften gesammelt. „Aber alle Schüler fanden es bedauerlich und sehen es sehr kritisch“, sagt der 16-Jährige.

Denn Schule müsse mehr sein, als nur auf dem Stuhl zu sitzen und zu lernen. „Die AGs bringen Menschen abseits hierarchischer Strukturen zusammen, die mit Leidenschaft ein gemeinsames Interesse verfolgen“, beschreibt Husen die Bedeutung der Nachmittagsangebote. Ohne sie ginge ein Teil der Weiterbildung, Persönlichkeitsentfaltung und auch Berufsorientierung verloren. Er selbst habe in der Solarmobil-AG sein Interesse verfolgen und neue Erfahrungen und Kenntnisse sammeln können – diese bleibt nun ja auch erhalten. Vor allem für die jüngeren Schüler der Jahrgänge fünf bis sieben seien AGs eine Möglichkeit, in der großen Schule zusammenzuwachsen, ergänzt Husens Schülersprecherkollege Taylor Hoare.

Trotz aller Freude: Noch ungeklärt ist, was etwa mit den Sprachlernklassen für Migranten oder dem Trainingsraum für gezielte Förderung und Antiaggressionsübungen passiert. Amiri gibt sich deshalb kämpferisch: „Ich bin überzeugt, dass der öffentliche Druck entscheidend war, nun wollen wir uns noch weitere Stunden zurückholen.“

 


 

 

 




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